Das Migration Program 2025–26 im Überblick
Die australische Regierung hat die Gesamtzahl der dauerhaften Visa auch für 2025–26 auf 185.000 begrenzt und damit das Vorjahresniveau bestätigt. Der Schwerpunkt liegt weiterhin klar auf dem Skilled Stream mit rund 132.000 Plätzen. Dazu zählen unter anderem das Skilled Independent Visa (Subclass 189), die regionalen Visa, die State/Territory Nominated Visa (hauptsächlich subclasses 190 und 491), die arbeitgebergesponsorten Visa sowie die neue Talent-and-Innovation-Kategorie, unter die das National Innovation Visa fällt.
Diese sogenannten Migration Program Planning Levels geben an, wie viele neue Visa in den einzelnen Kategorien im jeweiligen Programmjahr insgesamt erteilt werden können. Für 2025–26 sind vorgesehen: 16.900 Plätze für Skilled Independent, 33.000 für den Regional-Bereich, ebenfalls 33.000 für State/Territory Nominated, 44.000 für Employer Sponsored und 4.300 Plätze für Talent and Innovation.
Später Start und weniger Plätze für State Nominations
Üblicherweise erhalten die Bundesstaaten und Territorien ihre Kontingente für Nominierungen im Rahmen der General Skilled Migration (GSM) – also für die subclasses 190 und 491 – bereits im Juli oder August. Die jeweiligen Programme starten dann meist im August oder September. Im Programmjahr 2025–26 lief das anders: Die endgültigen Kontingente wurden erst im November vergeben und veröffentlicht, ohne dass diese Verzögerung im Vorfeld angekündigt worden war.
Für Bewerber bedeutet das, dass das Zeitfenster für Einladungen in diesem Jahr deutlich kürzer ist – faktisch nur rund ein halbes Jahr. Viele Staaten haben ihre Nominierungsprogramme erst Ende November oder Anfang Dezember geöffnet, müssen ihr gesamtes Jahreskontingent aber trotzdem bis Ende Juni vergeben.
Hinzu kommt, dass die Zahl der verfügbaren Nominierungsplätze insgesamt gesunken ist. Für 2025–26 stehen den Bundesstaaten 20.350 State Nominations zur Verfügung, im Vorjahr waren es noch 26.260. Vor allem große Staaten wie Victoria, New South Wales und Western Australia arbeiten mit kleineren Kontingenten, während Queensland deutlich mehr Plätze erhalten hat. Insgesamt ist der Wettbewerb jedoch intensiver geworden. Das heißt jedoch nicht, dass es keine Chancen mehr gibt; eine gezielte Planung aber wichtiger ist als früher.
Skilled Independent (Subclass 189): Rückkehr zu mehr Struktur und Planbarkeit
Neben diesen Einschränkungen bei den State Nominations gibt es auch positive Entwicklungen. Die Einladungsrunden für das Skilled Independent Visa (Subclass 189), das keine State Nomination erfordert und bei dem die Einladungen direkt von der australischen Regierung ausgesprochen werden, finden wieder regelmäßiger statt. Statt unvorhersehbarer Einzelrunden, für teilweise ausgewählte Berufsgruppen, sind nun vierteljährliche Einladungsrunden vorgesehen. In diesem Programmjahr gab es bereits eine Runde im August mit über 6.000 Einladungen sowie eine große Runde im November 2025 mit rund 10.000 Einladungen. Weitere Runden sollen im 3-Monatszyklus folgen.
An der hohen Relevanz des Punktesystem für diese Visaklasse selbst hat sich dabei nichts geändert: Innerhalb eines Berufs werden Einladungen weiterhin nach Punkten vergeben, beginnend mit den höchsten Punktzahlen, bis die verfügbaren Plätze ausgeschöpft sind. Neu ist jedoch, dass Berufe in Prioritätsstufen eingeteilt werden und die Einladungsrunden wieder breiter über viele Berufsgruppen hinweg stattfinden. Zudem wird bei der Festlegung der Einladungszahlen berücksichtigt, wie viele Plätze in einem Beruf bereits über andere Visawege – etwa State Nomination oder Employer Sponsorship – genutzt wurden.
Für Bewerber bedeutet das: Die Chancen lassen sich heute realistischer einschätzen, und eine strategische Planung nach Beruf, Punkten und Timing ist wichtiger denn je. Für bestimmte Berufsgruppen ist das Subclass-189-Visum damit wieder deutlich attraktiver und planbarer geworden und gleichzeitig nimmt der Druck auf die State Nominations in einzelnen Bereichen etwas ab.
Programmplätze versus Nominierungsplätze – warum die Zahlen nicht aufgehen
Auf den ersten Blick wirkt es irritierend, dass das Migration Program für die Skilled visa unverändert bleibt, die Staaten aber weniger erhalten haben. Der Grund liegt darin, dass Programm- und Nominierungszahlen zwei unterschiedliche Dinge messen.
Die Programmplätze im Migration Program sind die Zahl der erwarteten Visaerteilungen in einem Jahr. Gezählt wird jede Person, die ein Visum erhält: also der Hauptantragsteller und jeder einzelne mitreisende Familienangehörige.
Die Nominierungsplätze der Staaten beziehen sich dagegen nur auf die Anzahl neuer Nominierungen für Hauptantragsteller in einem bestimmten Programmjahr. Partner und Kinder werden über denselben Visumantrag mitberücksichtigt, verbrauchen aber keine eigenen Nominierungsplätze.
Beispiel: Eine vierköpfige Familie mit einem 190-Visum beansprucht daher vier Programmplätze, obwohl es nur einen Antrag und eine einzige Nominierung des Bundesstaates gibt.
Das erklärt auch, weshalb manche Bundesstaaten gezielt auf Partnerqualifikationen achten. Im Idealfall bringt eine einzige Nominierung gleich zwei qualifizierte Fachkräfte nach Australien. Für Bewerber heißt das: Ein qualifizierter Partner ist nicht nur aus Punktesicht relevant, sondern kann auch strategisch ein klarer Vorteil sein.
Dazu kommt der Faktor Zeit: Zwischen Nominierung und tatsächlicher Visaentscheidung vergeht Zeit. Viele Nominierungen, die ein Staat im Programmjahr 2025–26 ausspricht, führen daher erst 2026–27 zu einer Visagenehmigung und schlagen erst dann in der Programmstatistik zu Buche.
Wie die Bundesstaaten auf die neuen Rahmenbedingungen reagieren
Der verspätete Start und die geringeren Kontingente haben dazu geführt, dass die Bundesstaaten ihre Auswahlstrategien weiter geschärft haben. Einige konzentrieren sich stark auf Bauhandwerker, Gesundheitsberufe oder Lehrkräfte. Andere priorisieren Bewerber, die bereits im jeweiligen Staat leben und arbeiten.
Wie bereits in den vergangenen Jahren gehen die meisten Bundesstaaten bei der Auswahl zudem nicht stur nach der reinen Punktzahl vor. In der Praxis spielen andere Kriterien oft eine größere Rolle, insbesondere das nachgewiesene Englischniveau und die relevante Berufserfahrung. Diese Auswahl- und Rankingverfahren unterscheiden sich von Staat zu Staat deutlich.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Bewerber aus dem Ausland oder aus weniger priorisierten Berufen keine Chancen mehr haben. Gerade in Berufsgruppen mit vergleichsweise wenigen EOIs kann eine Kombination aus sehr gutem Englisch und solider Berufserfahrung weiterhin zu Einladungen führen.
Die praktische Konsequenz ist klar: Eine pauschale „Irgendein Staat wird schon passen“-Strategie ist im Programmjahr 2025–26 riskanter geworden. Wer auf die General Skilled Migration setzt, sollte gezielt prüfen, welche Staaten zum eigenen Profil passen, und sich konsequent an deren Detailregeln und Auswahlkriterien orientieren.
Skills in Demand Visa – Arbeitgebersponsorship als strategische Säule
Parallel zum Skilled-Programm hat Australien mit dem Skills in Demand Visa (SID) den zentralen befristeten Fachkräfteweg neu geordnet. Das frühere TSS-Visum wurde abgelöst, die Struktur ist klarer an Gehaltsniveaus, Occupation Lists und künftige PR-Perspektiven geknüpft.
Das SID sieht unterschiedliche Pfade für hochbezahlte Spezialiste und klassische Engpassberufe auf der Core Skills List vor. In allen Fällen braucht es jedoch einen australischen Arbeitgeber, der bereit ist, zu sponsern, die vorgeschriebenen Mindestgehälter zu zahlen und die betrieblichen Anforderungen zu erfüllen.
Für viele Kandidaten wird dieses Zusammenspiel von SID und nachgelagerter Daueraufenthaltsperspektive – etwa über das ENS-Visum – im Programmjahr 2025–26 wichtiger als früher. Wer in seinem Beruf realistische Arbeitgeberchancen in Australien hat, erhöht mit einer guten Job- und Sponsorshipstrategie oft die Erfolgsaussichten deutlicher als mit einem reinen GSM-Ansatz, insbesondere in Berufen, in denen die Staatenkontingente gekürzt wurden.
National Innovation Visa (NIV): 4.300 Plätze und ein vorsichtiges Anlaufen
Die National Innovation Visa (subclass 858) ist die neue Visakategorie für besonders innovative und international anerkannte Fachkräfte. Sie ersetzt im Wesentlichen das frühere Global Talent Visa sowie Teile der alten Business- und Investor-Programme, ist mit diesen in den Anforderungen jedoch nicht direkt vergleichbar.
Im Migration Program sind für die Talent-and-Innovation-Kategorie 4.300 Programmplätze vorgesehen. Die NIV ist damit zahlenmäßig durchaus relevant, wird aber bisher vorsichtig eingesetzt. Zwischen Juli und September 2025 wurden rund 1.800 EOIs eingereicht, jedoch nur etwas über hundert Einladungen ausgesprochen. Dies zeigt, dass die Einwanderungsbehörde die Profile sehr selektiv prüfen und noch dabei ist, ein klares Auswahlprofil zu entwickeln. Obwohl sich erste Tendenzen herauskristallisieren, bleibt dies zweifellos ein dynamisches Feld.
Die NIV richtet sich an Personen mit klar herausragenden Profilen – etwa international anerkannte Forschende, erfolgreiche Unternehmer, Investoren mit belegbarer Erfolgsbilanz oder außergewöhnlich erfolgreiche Kreativ- und Sportprofis. Für die große Mehrheit bleibt sie jedoch ein Spezialprogramm und keine Abkürzung gegenüber GSM oder Employer Sponsorship.
Familienvisa und ergänzende Optionen
Der Family Stream – insbesondere Partner- und Kindervisa – bleibt weitgehend stabil. Wer in einer gefestigten Beziehung zu einem australischen Staatsbürger oder Permanent Resident lebt, sollte diesen Weg stets parallel prüfen.
Elternvisa sind weiterhin möglich, bleiben jedoch mit langen Wartezeiten und hohen Kosten verbunden.
Temporäre Programme wie Working Holiday Visa oder bilaterale Mobilitätsabkommen können ergänzend genutzt werden, begründen aber in der Regel keinen direkten Anspruch auf Daueraufenthalt.
Zusammenfassung
Im Programmjahr 2025–26 zeigt sich besonders deutlich, dass eine erfolgreiche Auswanderung nach Australien weniger vom „richtigen Formular“ abhängt als von einer durchdachten Gesamtstrategie. Die wichtigsten Entwicklungstendenzen lassen sich so zusammenfassen:
- Das Gesamtprogramm bleibt mit 185.000 Plätzen stabil, aber die Spielräume der Bundesstaaten sind durch geringere Nominierungsplätze enger geworden.
- Die arbeitgeberunabhängige General Skilled Migration ist weiterhin möglich, aber stark kompetitiv und zeitlich komprimiert. Wer diese Schiene nutzen will, braucht eine realistische Einschätzung im Hinblick auf das eigene Profil und eine gut vorbereitete Strategie.
- Arbeitgebergesponsorte Wege über das Skills in Demand Visa und anschließende ENS-Optionen gewinnen an Bedeutung.
- Die National Innovation Visa ist ein spannender Weg für herausstechende Profile in ausgewählten Sektoren, wird aber langsam hochgefahren und bleibt ein Option für lediglich eine kleine Gruppe. Auch wenn das Profil passt, der wesentliche Erfolgsfaktor ist eine gute und auf die Anforderungen abgestimmte Expression of Interest Strategie.
Wer Australien als langfristige Perspektive sieht, benötigt in diesem Umfeld vor allem Klarheit: über den eigenen beruflichen Wert im australischen Markt, über die familiäre Situation – insbesondere die Qualifikation des Partners – und über die Bereitschaft, gegebenenfalls regionale oder arbeitgeberbezogene Wege zu gehen. Auf dieser Basis lässt sich dann entscheiden, ob GSM, Employer Sponsorship, NIV oder eine Kombination daraus der sinnvollste Weg ist.
Gerade deshalb ist eine professionelle Beratung heute wichtiger denn je. Die Feinheiten der General Skilled Migration, die ständig angepassten Kriterien der Bundesstaaten und das tatsächliche Einladungsverhalten lassen sich nur mit viel Erfahrung, laufender Beobachtung und einem guten Verständnis der politischen Hintergründe richtig einordnen. Für Laien ist dies, auch mit KI-Hilfe, kaum leistbar, all diese Entwicklungen parallel zu verfolgen, korrekt zu bewerten und daraus eine tragfähige Strategie abzuleiten. Eine fundierte, unabhängige Beratung hilft, Chancen realistisch einzuschätzen, Risiken frühzeitig zu erkennen und eine zur eigenen Situation passende Strategie zu entwickeln.