Die australische Regierung hat eine grundlegende Reform des Einwanderungssystems angekündigt, um das System zukunftsfähiger zu gestalten. Anlass dafür ist eine umfassende Überprüfung des bestehenden Systems. Das Ergebnis: Dem bestehenden System wird ein schlechtes Zeugnis ausgestellt mit Regelungen, die nicht mehr zeitgemäß sind und die Australien im internationalen Wettbewerb wenig konkurrenzfähig machen.
Die Reform soll daher vor allem eine Vereinfachung erreichen. Weniger Visaklassen, höhere Gehaltsanforderungen und schneller Bearbeitung mit gezielter Priorisierung. Ziel ist es, das Einwanderungsprogramm stärker auf den tatsächlichen Bedarf des australischen Arbeitsmarktes auszurichten, dabei attraktiver für qualifizierte Einwanderer zu werden und klare, schnellere Wege von befristeten Arbeitsvisa zu dauerhaften Aufenthaltserlaubnissen zu schaffen.
Eine umfassende Überarbeitung über alle australischen Visa hinweg soll damit anstehen. Ganz besonders im Fokus sind befristete Arbeitsvisa sowie auch dauerhafte Visa (Permanent Residency) für qualifizierte Zuwanderer. Aber auch Familienvisa sollen perspektivisch an die aktuellen Anforderungen angepasst werden.
Bislang sind nur Eckpunkte der angedachten Änderungen veröffentlicht. Es zeichnet sich jedoch bereits jetzt ab, dass es die größte Überarbeitung seit den 1990er Jahren sein wird. Hier eine Zusammenfassung Kernbereiche der geplanten Reformen:
Neue Kategorien bei befristeten Arbeitsvisa
Befristete Arbeitsvisa sind derzeit mit einer Reihe von starren und unflexiblen Anforderungen verbunden. Die veralteten Bedarfslisten für Berufe sollen durch ein komplett neues System ersetzt werden, das flexibler und gezielter auf die Anforderungen des Arbeitsmarkts reagieren kann. Mit diesen grundlegenden Änderungen soll das Verfahren Mitarbeiter für ein Arbeitsvisum zu sponsern sowohl für Arbeitgeber als auch für den Visaantragsteller vereinfacht werden.
Künftig soll es drei Kategorien beim Arbeitgebersponsorship geben:
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- Eine Kategorie für Personen mit Jobangeboten in hochbezahlten und hochspezialisierten Berufen. Diese Visa sollen schnell und unkompliziert bearbeitet werden, unabhängig von der Bedarfsliste. Ab welchem Einkommen man aber in die Kategorie “hochbezahlt” fallen wird und ob es hier Zusatzvoraussetzungen geben wird, bleibt jedoch unklar.
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- Eine zweite Kategorie für Personen, die ein Jobangebot mit einem Gehalt ab A$70.000 haben, aber unterhalb der „hochbezahlt“ Kategorie liegen.
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- Eine dritte Visa Kategorie soll gezielt für Branchen und Sektoren mit schwerwiegendem Arbeitskräftemangel und einem langfristig nicht gedeckten Arbeitskräftebedarf eingeführt werden. Unter diese Kategorie, für die voraussichtlich keine Einkommensgrenzen gelten werden, sollen insbesondere auch Jobs fallen, die nicht hochqualifiziert sind. Besonders herausgestellt wurden hier Pflege und Altenpflege sowie auch die Kinderbetreuung.
Als erster Schritt, wird bereits ab dem 1. Juli 2023 das Mindesteinkommen für ein befristetes Fachkräftevisum im jetzigen System auf jährlich A$70.000 (ca. €42.000) angehoben.
Klarerer Pfad von befristeten Visa zur dauerhaften Aufenthaltserlaubnis
Viele Inhaber von befristeten Arbeitsvisa haben unter dem aktuellen System keinerlei langfristige Bleibeperspektive, sondern nur befristete Visumoptionen, um länger in Australien leben und arbeiten zu können. Dies soll mit der Reform geändert werden.
Die Regierung hat angekündigt, dass alle Inhaber von befristeten Arbeitsvisa zukünftig einen klareren und schnelleren Pfad zur Permanent Residency erhalten werden. Klares Ziel ist es, Einwanderern von vornherein eine langfristige Perspektive in Australien in Aussicht stellen zu können.
Reform des Punktetest für Fachkräftevisa
Für viele Einwanderer führt der Weg zur dauerhaften Aufenthaltserlaubnis über die australischen Fachkräftevisa und damit über den Visa Punktetest. Die Idee hinter diesem Test: Er soll dazu dienen gezielt die Kandidaten herauszufiltern, die besonders attraktiv für Australien und den australischen Arbeitsmarkt sind.
Die Überprüfung kam nun allerdings zum Ergebnis, dass der Punktetest in der vorhandenen Form nicht ausreichend in der Lage ist Einwanderer mit den richtigen Qualifikationen und Kompetenzen zu identifizieren und nach Australien zu bringen. Der Punktetest hat damit nicht die gewünschte Aussagekraft, weshalb die bisher verwendeten Kategorien grundlegend angepasst werden müssen.
Lange warten möchte man mit gerade der Modernisierung des australischen Punktetest nicht. Die zuständige Ministerin, Clare O’Neil, hat angekündigt, dass dieser Aspekt weit oben auf der Prioritätenliste steht und Änderungen in diesem Bereich vermutlich zeitnah umsetzt werden können.
Student Visa
Der International Student Sector ist seit je her ein wichtiger Bestandteil des australischen Einwanderungsprogramms und ein nicht unerheblicher Anteil derer, die ihre berufliche Ausbildung in Australien absolviert haben, streben einen dauerhaften Aufenthalt in Australien an. Doch unter den derzeitigen Regelungen ist es für viele Studierende kompliziert oder langwierig im Anschluss an ein Studium oder eine Berufsausbildung die ersehnte Permanent Residency zu erhalten.
Auch für Studierende in Australien soll es deshalb nach der Reform klarere Pfade von Studium bis zur dauerhaften Aufenthaltserlaubnis geben, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Working Holiday Visa
Der Zweck des Working Holiday Maker Programm ist in erster Linie der kulturelle Austausch und das Kennenlernen eines Landes durch Reisen und gelegentliches Arbeiten. Durch die aktuellen Regelungen, die es unter bestimmten Voraussetzungen ermöglichen ein Working Holiday Visum um bis zu zwei weitere Jahre zu verlängern, gerät aber genau dieser Aspekt in den Hintergrund.
Durch die jüngsten Ausweitungen und Lockerungen gerade im Bereich der specified work, die für die Verlängerung des Working Holiday erforderlich sind, wurde der Ursprungszweck mehr und mehr verwässert. Vor diesem Hintergrund wird in Erwägung gezogen, künftig nur noch 12 Monate Working Holiday zu ermöglichen und das second und third year visa abzuschaffen.
Eltern- und Familienvisa
Die australischen Familienvisa, gerade die Visa für Eltern von australischen Permanent Residents oder Staatsbürgern, bedürfen ebenso einer umfassenden Überarbeitung. Zu diesem Schluss kam die Regierung im Rahmen ihrer Überprüfung. Denn die Möglichkeit des Familiennachzugs sei eine wichtige Komponente einer starken und stabilen Gesellschaft.
Allerdings wurde deutlich klargestellt, dass zunächst die Reform der australischen Arbeitsvisa und Fachrkäftevisa klare Priorität hat und im ersten Schritt angegangen werden soll. Zu konkreten Änderungen bei den Familienvisa ist daher zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts bekannt.
Business & Investor Visa, Global Talent Visa
Auch für das australische Business & Investor Visa Programm sowie das Global Talent Visa ist eine grundlegende Reform angedacht. Zu diesen Visa wurden allerdings noch keinerlei konkreten Informationen veröffentlicht.
Einschätzung
Derzeit sind nur einige Eckpunkte der Reform bekannt, die angekündigten Änderungen sind bislang nur sehr allgemein gehalten. Wie immer steckt der Teufel aber im Detail, gerade bei so komplexen Sachverhalten wie dem Einwanderungsrecht. Die Änderungen werden sich in vielen Bereichen auswirken und positive, aber für manche vielleicht auch nachteilige Effekte, zur Folge haben.
Den Einstieg über ein befristetes Arbeitsvisum wird für viele potenzielle Australienauswanderer grundsätzlich erleichtert werden. Gerade für Pflegeberufe können sich über diesen Weg perspektivisch vielleicht endlich realistische Visumschancen ergeben. Dennoch, die höheren Einkommensgrenzen können perspektivisch für manche Berufe, vor allem im eher ländlichen Australien, auch eine Hürde darstellen.
Da die meisten dauerhaften Einwanderer nach Australien über die Fachkräftevisa und damit über den Punktetest ihre Aufenthaltserlaubnis erreichen, werden die Änderungen am Punktetest weitreichende Auswirkungen auf die Chancen für eine australische Permanent Residency haben. Manche, die im aktuellen Punktesystem gut abschneiden, könnten zukünftig möglicherweise die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, während sich für andere neue oder bessere Chancen ergeben. Im Moment ist es noch zu früh zu sagen, wer gewinnen und wer verlieren wird. Klar ist aber: Hat man aus heutiger Sicht gute Chancen auf ein dauerhaftes Visum, sollte man den Prozess starten und mit den Vorbereitungen für ein Fachkräftevisum beginnen, bevor die Änderungen in Kraft treten. Denn ob die Voraussetzungen auch nach den anstehenden Änderungen noch erfüllt werden können, ist alles andere als sicher.
Die geplanten Änderungen zielen darauf ab, das System an die aktuellen Bedürfnisse des Arbeitsmarktes anzupassen und es für qualifizierte Einwanderer attraktiver zu gestalten. Wie die Änderungen in die Praxis umgesetzt werden, wer die künftigen Gewinner oder Verlierer im Wettbewerb um ein australisches Arbeitsvisum sind, das wird sich zeigen.
Wie kann der Weg zum Visum aussehen?
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, um sich den Traum vom Leben und Arbeiten in Australien zu erfüllen. Entscheidend ist, mit welcher Strategie Sie Ihrem Ziel am besten näherkommen können, also welches Visum in Ihrer individuellen Situation die besten Aussichten bietet. Auch das Timing kann gerade in der momentanen Situation mit den anstehenden Änderungen ein wichtiger Aspekt sein.
Es ist deshalb wichtig den Weg zum Visum für Australien strukturiert anzugehen und die entscheidenden Voraussetzungen im Vorfeld abzuklären, um Probleme im Visumverfahren zu vermeiden. Visapath Australia hilft Ihnen hier gerne weiter, Ihren Fahrplan zum australischen Arbeitsvisum auszugestalten. Wir beraten Sie zu den verschiedenen Möglichkeiten, den aktuellen Anforderungen sowie anstehenden Änderungen und unterstützen Sie Schritt für Schritt auf Ihrem Weg.